Die Trossinger Eisenbahn
Vorgeschichte:
Die Stadtgeschichte von Trossingen um das Jahr 1830 und auch die Anfangsgeschichte der Trossinger Eisenbahn ist mit einem Namen eng verbunden: Christian Messner (Zeug Christe genannt), Tuchmacher aus Trossingen. Als Nebenerwerb beginnt er um 1830 Mundharmonikas zu fertigen. Dieses Beispiel greifen andere Bürger auf und daraufhin wird 1857 die erste kleine Fabrik für Mundharmonikas in Trossingen eröffnet. Diese Mundharmonikas sind bald in ganz Deutschland berühmt und finden überall Absatz. Das gute Geschäft hat allerdings auch Nachteile - ein Nachteil ist das Transportproblem zu den Abnehmern. Am 26. August 1869 wird die Bahnlinie Rottweil - Villingen eröffnet, wobei Trossingen selbst keinen direkten Bahnanschluss erhält, sondern nur einen vier Kilometer entfernt liegenden Bahnhof. Dies ist natürlich nicht im Interesse der Stadt Trossingen und deren Industrie gewesen, aber dafür wesentlich billiger für die württembergische Staatsbahn. Da in den nächsten Jahren immer mehr Fracht zwischen der Stadt und dem Bahnhof transportiert werden müssen, gibt es auf diesem kleinen Stück immer mehr Schwierigkeiten. 1893 wird im örtlichen Gewerbeverein vorgeschlagen, eine Eisenbahn zwischen dem Bahnhof und der Stadt zu bauen um den Transport zu vereinfachen. Bereits jetzt ist ein Unternehmer bereit, 100.000 Mark in die Eisenbahn zu investieren. Die Rentabilität und die zu erwartende Baukosten werden mit verschiedenen anderen Bahnen verglichen, vor allem die Bahn in Weingarten wird als Vorbild genommen. Am 6. November 1893 stimmt der Gemeinderat schließlich dem Bau einer elektrischen Bahn und eines Elektrizitätswerkes zu. Die Gründe diese Strecke elektrisch zu betreiben liegen in einer Steigung, die den damals üblichen Dampfloks Probleme bereiten würde. Man entschließt sich, die Bahn mit 600V Gleichstrom zu betreiben, die Baukosten für die gesamte Strecke werden auf 450.000 Mark geschätzt. Eine Nachfrage für einen Zuschuss durch den Württembergischen Staat bleibt erfolglos, folglich entschließt sich die Stadt 250.000 Mark der Kosten zu übernehmen. Am 10. September 1897 wird die „Elektrizitätswerk und Verbindungsbahn Aktiengesellschaft Trossingen“ gegründet, zu diesem Zeitpunkt liefen die Bauarbeiten bereits. Zur Finanzierung der restlichen Kosten werden Aktien im Wert von 420.000 Mark ausgegeben, weitere 30.000 Mark konnten über Kredite finanziert werden. Am 11. Januar 1898 wird die Konzession für die Bahn erteilt, die damit die erste elektrische Eisenbahn mit einer größeren Steigung (1:33) ist. Das Elektrizitätswerk entsteht in Trossingen Stadt gemeinsam mit der Wagenhalle der Eisenbahn. Es wird eine Gaskraftmaschine aufgestellt, die vier Dynamomaschinen antreibt (zwei mit je 55 PS für die Beleuchtung und zwei mit je 74 PS für die Bahn), die noch um einen Akkumulator ergänzt werden. Die Strecke selber ist 4,5 km, die gesamte Gleislänge beträgt 5,8 km. Dafür wurden als Anfangsausstattung zwei Triebwagen, ein Beiwagen und ein Güterwagen beschafft. Die neue Gesellschaft bietet neun Arbeiter Brot, davon sind fünf mit der Abwicklung des Bahnbetriebs beschäftigt.

Der Betrieb:
Am 14. Dezember 1898 erfolgt mit einem großen Fest die Betriebseröffnung. Bereits nach vier Jahren wurde auf Grund des stark angestiegenen Güterverkehrs eine E-Lok beschafft, 1908 folgte für den Personenverkehr ein weiterer Beiwagen, der ursprünglich als Dampftriebwagen gebaut worden war. 1909 ging die AG vollständig in den Besitz der heutigen Stadt Trossingen über.1913 wurde für den immer noch stark steigenden Personenverkehr ein weiterer Beiwagen gekauft. In diesem Zeitraum fallen auch Bemühungen die Strecke durch die Staatsbahn übernehmen zulassen, welche aber durch den 1. Weltkrieg verhindert werden. Diesen Krieg übersteht die Bahn glücklicherweise weitgehend unbeschadet.  In die Nachkriegswirren fällt im Jahr 1923 das 25 jährige Bahnjubiläum, dass auf Grund von Geldmangel kaum gefeiert werden kann. Zwischen 1925 und 1928 wurden dann die Gleisanlagen modernisiert und die meisten Oberleitungsmasten ersetzt. 1928 konnten nach langen Bemühungen die beiden Triebwagen leicht modernisiert werden, indem die bisherigen offenen Führerstände geschlossen wurden. 1929 werden die Fahrzeuge von Lyra-Bügeln auf Scherenstromabnehmer umgerüstet. 1931 konnte trotz schwieriger wirtschaftlicher Zeiten die Wagenhalle vergrößert werden. Nachdem diese Krise überwunden ist kann 1935 der Stadtbahnhof erweitert und eine neue Laderampe in Betrieb genommen werden. 1937 wird ein vierachsiger Schlepptriebwagen bestellt, der schließlich 1939 von der Maschinenfabrik Esslingen ausgeliefert wird. Im zweiten Weltkrieg fallen dann auch Bomben auf die Bahn, nachdem Anfangs nur, wie bereits im ersten Weltkrieg, Personal abgezogen wurde. Am 21. April 1945 eroberten französische Panzer die Stadt, worauf die Bahn den Verkehr einstellte. Im Juni 1945 wird nach umfangreichen Aufräumarbeiten der Personenverkehr wieder aufgenommen, worauf die Verkehrsleistungen stark ansteigen, Geld für Modernisierungen fehlte aber weiterhin. 1953 kommt ein Mineralöllager mit eigenem Gleisanschluss am Stadtbahnhof als neuer Güterkunde hinzu. In dieser Zeit wird auch ein Beiwagen ausgemustert und der Aufbau auf ein anderes Fahrwerk gesetzt. 1956 wird ein neuer zweiachsiger Triebwagen geliefert. 1967 wird die E-Lok ausgemustert und ein Beiwagen in ein Turmwagen für die Instandhaltung der Oberleitung umgebaut. Bereits im Jahr 1961 wurde einer der Triebwagen aus der Anfangszeit und 1966 der letzte Beiwagen abgestellt. 1968 wird nochmals ein neuer Triebwagen gekauft, es sollte der letzte für die Bahn sein. Im selben Jahr wird auch ein weiteres Anschlussgleis an der Bahn gebaut. Am 30. Mai 1973 wird die Betriebsurkunde der Bahn bis zum 31. Dezember 2022 verlängert. Ab 1986 werden ein Beiwagen, der T1 und die E-Lok der Bahn schrittweise wieder aufgearbeitet - eine Grundlage für einen späteren Museumsverkehr auf der Strecke. Der Triebwagen und die E-Lok werden 1990 nach Beendigung der Aufarbeitung, die in Mannheim ausgeführt wurde, wieder eingeweiht. Der T3 dagegen wurde 1989 in der Badischen Waggonfabrik Rastatt aufgearbeitet. Diese Arbeiten an den Museumsfahrzeugen können aber nicht über den Niedergang der Bahn hinwegtäuschen. So wird bereits 1987 der Sonntagsbetrieb eingestellt. 1994/95 wird die Wagenhalle erweitert um auch den Museumsfahrzeugen einen geschützten Abstellplatz zu schaffen. Am 25. Januar 1996 wird in Trossingen ein Vertrag geschlossen, der die Grundlage des späteren Ringzugbetrieb darstellt, im selben Jahr wird der Güterverkehr eingestellt. Der planmäßige elektrische Betrieb der Bahn wird dann am 11. Juli 2003 ebenfalls eingestellt, wobei am 13. Juli 2003 nochmals Abschiedsfahrten mit allen betriebsfähigen Fahrzeugen stattfinden. Die Oberleitung wird für die Museumszüge erhalten bleiben, vorbereitend für die neuen Verkehre beginnen aber umfangreiche Modernisierungsarbeiten an der Strecke, nach denen am 9. Oktober 2003 ein eingeschränkter Ringzugbetrieb aufgenommen werden kann. Am 19. April 2004 wird nach einer kurzen Zeit mit  Schienenersatzverkehr, die zu weiteren Arbeiten an der Strecke genutzt wird, das eigentliche Ringzugkonzept auf der Trossinger Eisenbahn umgesetzt. Dazu wurde auch eine neue Verbindungskurve am DB-Bahnhof gebaut, die eine direkte Einbindung auf die DB-Strecke ermöglicht. Aber bereits zum Fahrplanwechsel im Dezember 2004 gibt es weitere Änderungen für die Strecke: Im morgendlichen Berufs- und Schulverkehr werden wieder einige Züge mit den Elektro-Triebwagen der Trossinger Eisenbahn gefahren, da durch Verkehrsausweitungen zu wenig Regio Shuttle zur Verfügung stehen. Zur Stärkung der Museumsaktivitäten wurde inzwischen auch der „Freundeskreis der Trossinger Eisenbahn e.V.“ gegründet, der diesen Verkehr mit eigenem Personal betreiben soll. Beim Schülerverkehr kommt dagegen Personal des Ringzug-Betreibers, der Hohenzollerische Landesbahn AG (HzL), zum Einsatz, das hierfür extra ausgebildet wurde.

Fotos:
Fotos von der Strecke

Fahrzeuge:
Hier gibt es die aktuelle Fahrzeugliste der TE

Ehemalige Fahrzeuge der TE:
 
Nummer Achsfolge Hersteller Baujahr/Fabriknummer Typ Leistung Herkunft Verbleib
T2 Bo MAN 1898/370 ? 2x 50 kW - 1961 ++
4 2x MAN 1898 G - - 1944/1945 ++
5 2x Ganz 1900 B - Hanomag/Ungran 1952 ++, Fahrwerk an B6
7 2x Rastatt 1913/9627 B - B6 1967 ++

Quelle: Die Trossinger Eisenbahn von Waldemar Kelberg erschienen im Stadt-Buchverlag

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